Klagefrist der Kündigungsschutzklage und Schutz von beeinträchtigten Menschen
Nicht selten kommt es vor, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber dem Arbeitnehmer völlig „den Boden unter den Füßen wegzieht“. Folge daraus kann sein, dass der Arbeitnehmer alles stehen und liegen lässt und erstmal „den Kopf in den Sand steckt“. Gerade im Arbeitsrecht ist dieses Verhalten aufgrund der Existenz des § 4 KSchG oftmals fatal.
In § 4 S. 1 KSchG heißt es:
„Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist.“
Im Klartext bedeutet das: Jede noch so unwirksame Kündigung wird nach Ablauf einer 3-Wochen-Frist nach Kündigungszugang grundsätzlich als wirksam fingiert, sofern sich der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig wehrt. Da diese Rechtsfolge häufig unbekannt ist, führt sie in der Beratungspraxis immer wieder zu einem bösen Erwachen. Es kann deshalb nicht oft genug betont werden, wie wichtig es ist, sich fristgemäß beraten zu lassen.
An dieser Stelle soll jedoch ein erfreulicher Fall aus der hiesigen Vertretungspraxis skizziert werden, in dem eine Kündigung erfolgreich angegriffen werden konnte, obwohl das Arbeitsgericht erst deutlich nach Ablauf von 3 Wochen nach dem Kündigungszugang angerufen wurde. Die betroffene Arbeitnehmerin hatte – mit Blick auf die zuvor beschriebene Gefühlslage – zunächst längere Zeit nichts unternommen und uns erst nach ca. 5 Wochen aufgesucht. In dem Beratungsgespräch kam dann allerdings zur Sprache, dass infolge eines künstlichen Kniegelenks und anderer Beeinträchtigungen eine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX besteht, mit der die Arbeitnehmerin von Anfang an transparent umgegangen war. Der Arbeitgeber wusste also von der Gleichstellung, hat dies aber im Rahmen der Mandatsbetreibung vehement bestritten.
Im Zuge einer umfassenden Recherche konnte die Arbeitgeberkenntnis jedoch letztlich nachgewiesen werden, weshalb die eingereichte Kündigungsschutzklage ausnahmsweise nicht verspätet war. Dies folgte aus § 4 S. 4 KSchG bzw. der darauf aufbauenden BAG-Rechtsprechung [13.02.2008, 2 AZR 864/06], wonach die Klagefrist nicht eher zu laufen beginnt, als dem Arbeitnehmer die Entscheidung des Integrationsamts bekannten gegeben wurde. Das gilt selbst dann, wenn – wie im besprochenen Fall – seitens des Arbeitgebers gar keine Entscheidung beantragt wurde. Das Erfordernis der Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung eines schwerbehinderten oder einem solchen gleichgestellten Menschen ergibt sich aus § 168 SGB IX.
Da dieses im dem von uns betreuten Fall nicht eingehalten wurde, lag eine – offensichtlich – unwirksame Kündigung vor, sodass eine signifikante Abfindungszahlung erzielt werden konnte.